Andacht für Mittwoch, 13.1.2010 

Wir feiern diese Andacht im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Es übervorteile keiner seinen Nächsten, sondern fürchte dich vor deinem Gott.

Das steht als Losung für heute im 3. Buch Mose. Kapitel 25, Vers 17.

Lassen Sie uns das Lied 295 „Wohl denen, die da wandeln“ singen. Nr. 295, Vers 1 und 2.

Vor gut 10 Jahren gab es eine sehr interessante Initiative mit dem Namen Jubile 2000. Ziel war der Erlass der Schulden für die ärmsten Länder dieser Welt.

Das ganze wurde biblisch legitimiert und sollte Gerechtigkeit in der Welt herstellen. Zum Teil wurde das auch umgesetzt – u.a. für die so genannten HIPCs – die heavily indebted poor countries – also die höchstverschuldeten armen Länder.

Aber was hat das mit Kirche und Gerechtigkeit zu tun? Schliesslich waren alle diese Schulden die Folge von Krediten, die seitens dieser Länder aufgenommen und dann nicht bedient wurden. Man könnte sagen, diese Länder und ihre Herrscher hätten über Ihre Verhältnisse gelebt. Wenn man solchen Ländern und ihren Machthabern Schulden erlässt ist das nicht ein Anlass, sich gleich wieder zu verschulden – schliesslich wird die Zeche ja jemand anders zahlen?

Ein klassisches Beispiel für Moral Hazard. Laut Wikipedia lässt sich das ins Deutsche wörtlich übersetzen als „sittliche Gefährdung“, auch als „Subjektives Risiko“, „moralische Versuchung“ oder „moralisches Risiko“. Es beschreibt das Problem einer Verhaltensänderung durch eine Versicherung gegen ein Risiko – sagt Wikipedia.

Klingt irgendwie bekannt, oder? Nur heute haben sich die Bänker verzockt, nicht die Entwicklungsländer, und Ihre Schulden werden von Regierungen aufgefangen und in „Bad Banks“ ausgelagert.

Biblisch wird es bei der Grundlage für diesen Erlass. Der kommt aus dem alten Testament. Im 3. Buch Mose steht in der alttestamentarischen „Sozial- und Finanzverfassung“ im 25. Kapitel, Vers 10: „Und ihr sollt das fünfzigste Jahr heiligen und sollt eine Freilassung ausrufen im Lande für alle, die darin wohnen; es soll ein Erlassjahr für euch sein. Da soll ein jeder bei euch wieder zu seiner Habe und zu seiner Sippe kommen.“

Das klingt recht prosaisch, war aber einer knallharte Umverteilung alle 50 Jahre. Im Laufe der 50 Jahre konnte Land gekauft und verkauft werden und dadurch Besitz und Reichtümer angehäuft werden. Wir kennen das heute auch: einige wenige besitzen sehr viel und viele besitzen sehr wenig. Was wir aber nicht mehr kennen, ist das 50. Jahr: alle Besitzverhältnisse werden nivelliert und das Land wird wieder gleichmäßig in die Hände der ursprünglichen Besitzer verteilt. Das klingt gut: alle 2 Generationen gibt es eine Chance für einen fairen Neustart. Sozialer Status kann von eigener Leistung anstatt von Abstammung und Familienbesitz bestimmt werden.

Biblisch ist die Idee für einen Neustart durch Erlass also, aber ist sie auch gerecht? Wo bleibt der Leistungsanreiz und die Fairness in der Anstrengung, wenn alle 50 Jahre die ganze Anstrengung überflüssig gemacht wird? Der Reset kommt nicht überraschend wie die Finanzkrise, sondern planbar: nach 7 Brachejahren, die selbst alle 7 zu halten sind folgt das 50. Erlassjahr. Da es planbar, soll es auch in wirtschaftliche Erwägungen mit einbezogen werden: „Es übervorteile keiner seinen Nächsten, “ heißt es in unserer Losung für heute. Da ist gemeint, dass die verbleibende exklusive Nutzungsdauer eines verkauften Stück Landes, den Preis dieses Landes bestimmen sollte. Je weniger Zeit bis zum Erlassjahr bleibt, desto niedriger muss der Kaufpreis für das Feld sein.

Der Unterschied zum Investmentbänker 2500 Jahre später ist, dass dieser Papiere im Verkauf nicht aufgrund erhöhten Investitionsrisikos diskontieren wird, ganz im Gegenteil: er wird versuchen, sie möglichst teuer zu verkaufen. Nicht nur um den eigenen Gewinn zu mehren, sondern auch um durch den Preis die vermeintlich hohe Qualität dieser Papiere zu kommunizieren. Es gibt halt kein allgemein bekanntes Verfallsdatum, das die Preisgestaltung transparent machen würde.

Nun wird auch im alten Testament nicht ausschließlich auf diese Marktlogik vertraut. Die Losung schließt mit den Worten: „sondern fürchte dich vor deinem Gott; denn ich bin der HERR, euer Gott.“ Die göttliche Instanz wacht also über die Einhaltung dieser Regel und stellt damit sicher, dass sich jeder an die Erlassjahrregeln hält. Dadurch werden sie gerecht: jeder weiß, was ihn erwartet, und ein jeder weiß, dass sich alle dran halten. Sichergestellt wird das durch anständige Gottesfurcht.

Das ist gutes altes jüdisches Gemeinschaftsrecht. Christlich wird es, wenn es aufgrund von Liebe und Vertrauen und nicht göttlicher Repression funktioniert. Der Lehrtext aus dem Johannesevangelium für heute kommt von Jesu Fußwaschung. Er wäscht allen Jüngern – inkl. Verräter – in vollem Vertrauen die Füße und legt ihnen nahe, seinem Vorbild zu folgen: „Ein Beispiel habe ich Euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe.“ Johannes Kapitel 13, Vers 15.

Korrektes Verhalten lohnt sich dann auch, wenn nicht alle in Gottesfurcht kuschen. Wer der Gemeinschaft – inkl.· vereinzelter schwarzer Schafe – volles Vertrauen entgegenbringt, wird auch Vertrauen ernten. Der eine oder andere Ausreißer fällt da nicht ins Gewicht. Das gleiche gilt für Bänker und Entwicklungsländer: vertrauen wir, dass sie ihre Lehre gelernt haben und geben wir ihnen eine Chance. Wir werden auch Enttäuschungen hinnehmen müssen, aber Hauptsache, dass es im Großen und Ganzen gut geht. Außerdem gilt das Alte Testament weiter: die schwarzen Schafe sollten sich dann vor Gottes Zorn hüten. Amen

Allmächtiger, großer Gott! Vergib uns, wenn wir dich oft nicht wirklich ernst nehmen und dich nur wie eine Randfigur behandeln. Lehre uns, echte Gottesfurcht mit Liebe und Vertrauen zu dir zu verbinden. Amen.

Lassen Sie uns Lied 413 „Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt“ singen. Nr. 413 bitte, die Verse 1 bis 3.

 Lassen Sie uns gemeinsam beten mit den Worten, die der Herr selbst uns gelehrt hat: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.