Sünde.
Das ist doch ein Kernbegriff christlichen Glaubens, den wir bestens kennen. Genauso wie Glaube, Liebe, Hoffnung, Gnade.
Genauso selbstverständlich, dass wir die Sünde in unseren Alltagswortschatz übernommen haben.
Wir sündigen am Kuchenbuffet.
Unsere Verkehrssünden werden in Flensburg registriert.
Steuersünder entgehen ihrer Bestrafung, wenn sie sich selbst anzeigen.
„Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünd der Welt, erbarm Dich unser.“
Übernimmt Christus also die Verantwortung für Sahnetorte, rote Ampeln und schweizerische Steuersparmodelle?Wohl kaum. Aber was ist dann Sünde im christlichen Sinn?
Die weltlichen Beispiele eint die Regelübertretung, der Verstoß gegen etablierte Regeln, das Nachgeben der Versuchung etwas zu tun, obwohl man eigentlich besser weiß, es nicht zu tun.
Woher kommt diese Versuchung?
Wer weiß, ob es vielleicht nicht doch besser ist, die Torte zu essen, die Ampel zu ignorieren oder sich ein finanzielles Polster für schlechte Tage zu organisieren?
Warum ist das Nachgeben in diese Versuchung eigentlich so schlimm?
Für uns ist es schlimm, weil wir etwas getan haben, von dem wir wissen, dass es als schlecht und falsch gesehen wird. Wir haben uns nicht gut, sondern schlecht verhalten.
Hier kommen wir zum Kern der Sünde.
„Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünd der Welt, erbarm Dich unser.“
Hier geht es um die Sünde – Einzahl– und nicht um die Sünden – Mehrzahl. Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Im unserem Predigttext für heute erklärt Paulus der Gemeinde in Rom, was christliches Leben und die Taufe als Eintritt darein bedeutet. Zur Sünde sagt er:
„Das wissen wir, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, um den Sündenleib unwirksam zu machen, sodass wir der Sünde nicht mehr dienen müssen.
Wer nämlich gestorben ist, ist von der Sünde freigesprochen.
Wenn wir aber mit dem Gesalbten gestorben sind, werden wir auch – darauf vertrauen wir – mit ihm leben.
Wissen wir doch, dass der Gesalbte, weil er von den Toten auferweckt, nie mehr stirbt; der Tod ist nicht mehr Herrn über ihn.
Insofern er nämlich gestorben ist, ist er ein für allemal tot für die Sünde.
Insofern er lebt, lebt er für Gott.
Schätzt auch ihr euch so ein, dass ihr zwar für die Sünde tot seid, lebendig aber für Gott in dem Gesalbten Jesus.“
Große, sperrige, aber auch starke Worte. Was meint Paulus damit?
Die Welt ist beherrscht von dem Gutem und dem Bösen. Das kennen wir – schwarze und weiße Magie bei Harry Potter oder die gute und die böse Macht bei Star Wars.
Der Mensch muss ständig zwischen diesen Mächten navigieren. Keine einfache Aufgabe wie die Helden dieser Serien belegen.
Die Sünde ist diese schwarze Macht.
Aber wir haben einen Ausweg aus ihrem Zugriff, die Eintrittskarte für die gute Seite.
Das Tor ist die Taufe und möglich gemacht hat es unser Held Jesus Christus.
Durch seinen Tod ist er der Macht der Sünde entronnen und durch seine Auferstehung lebt er für immer im Reich des Guten.
Durch die Taufe haben auch wir daran Anteil. Durch die Taufe in seinem Namen sind wir mit ihm für die Sünde gestorben und sind mit ihm übergetreten aus dem Machtbereich des Bösen in das Gute.
Durch die Taufe erfahren wir die Auferstehung also schon zu Lebzeiten.
„Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünd der Welt, gib uns Deinen Frieden.“
Wir sind tot für die Sünde.
Wir können ein neues Leben führen.
Wir haben Hoffnung auf ein neues Leben, das vom Tod nicht mehr vernichtet wird.
Wir sind also auf der Seite des Guten. Was ist dann mit Torte, roten Ampeln und Steuertricksen?
Um die müssen wir uns trotzdem noch sorgen.
Denen müssen wir uns genauso gut entgegenstellen, wie wir zu unserer Taufe stehen müssen.
Paulus sagt:
„Stellt auch nicht eure Glieder der Sünde als Waffen der Ungerechtigkeit zur Verfügung, sondern stellt euch selbst Gott zur Verfügung – gleichsam aus den Toten Lebende – und eure Glieder als Waffen der Gerechtigkeit für Gott!“
Wir haben eine grundsätzliche Chance, dem Bösen zu entkommen, aber es liegt an uns, den Versuchungen des Bösen zu widerstehen.
Jeden Tag können und müssen wir die richtigen Entscheidungen treffen, aber wir wissen, dass wir dank Gottes Güte die richtigen Entscheidungen treffen können.
Sahnetorte, rote Ampel und Steueroase sind also nicht Sünde, aber die Versuchungen der Sünde, der wir uns wehren müssen.
„Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.“
So drücken wir unsere Zuversicht im Vaterunser aus.
In der Taufe vergibt uns Gott und macht uns das Angebot, mit Christus frei für ein neues Leben zu werden.
Was für ein Geschenk!
Danke, Gott, dass du uns vergeben willst.
Amen.
Lassen Sie uns nun singen das Lied 202 Christ, unser Herr, zum Jordan kam. Nr. 202, Strophe 1 und 2.